Rundbrief 2025-01 Gott ist bei uns
HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief Jänner 2025!
Ich hoffe, dass Ihr einen guten Start in das neue Kalenderjahr 2025 hattet. Ich wünsche Euch alles Gute und an allen Tagen des neuen Jahres stets die Gewissheit, dass Gott bei Euch ist.
In meinem Dezember-Rundbrief 2024 erinnerte ich an das weltberühmte Gedicht Bonhoeffers „Von guten Mächten“, das er am 19. Dezember 1944, also vor 80 Jahren, als Häftling im berüchtigten Gestapo-Gefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße verfasste und seiner Verlobten Maria von Wedemeyer widmete.
Den Brief mit diesem Gedicht findet ihr in dem Buch: Brautbriefe Zelle 92. Dietrich Bonhoeffer, Maria von Wedemeyer 1943 – 1945, München 1992, S. 208 – 210. Das Gedicht ist auch auf unserer Homepage unter Texte Bonhoeffers abgedruckt.
Dr. Detlef Bald, Historiker und ehemaliger Vorsitzender des deutschen Dietrich-Bonhoeffer-Vereins schrieb mir Anfang Dezember einen berührenden Text zu diesem Gedicht: „Mit Dank für Ihren Rundbrief, der in diesen Tagen zum Nachdenken anregt, … füge [ich] einige Zeilen an, die vor Jahren mal von mir geschrieben wurden, da die "guten Mächte" mich bewegten …“:
„Erinnerung an Dietrich Bonhoeffer. Eine vorsichtige Ausdeutung einer wichtigen Strophe von Dietrich Bonhoeffer – ein guter Begleiter in diesen Tagen. Im Brief an Maria von Wedemeyer und seine Familie zu Weihnachten 1944 hat Dietrich Bonhoeffer das Gedicht „Von guten Mächten“ beigefügt; beinah die letzten Worte von ihm; Verse zu Weihnachten; ein Abschied aus dem Leben – ungeahnt ein Vermächtnis. Diese Verse der letzten Strophe aus dem langen Gedicht: Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag. Diese Verse ‚Von guten Mächten‘ sind inhaltlich offen gehalten, ein ‚unsichtbares Reich‘; man kann die ‚guten Mächte‘ mit Erinnerungen aus dem eigenen Leben deuten; man kann sie mit all den eigenen und innigen persönlichen Erfahrungen oder auch mit den wichtigen Bildern unterschiedlicher, eigener Transzendenz verbinden; man kann Gott meinen, eine heilige Macht oder Engel. Es mag das Nachhallen alter Gewissheiten sein; Zeichen der Liebe, ein Sonnenaufgang, ein Musikereignis – alles, was Dich ‚treu und still‘ aus Deinem eigenen Leben tragen mag. In der nicht-religiösen Sprache Bonhoeffers sagt er nicht, ‚von Gottes Liebe treu und still umgeben‘. In dieser abschließenden Strophe haben die Worte ‚wunderbar geborgen‘ spürbar eine weite, unendliche Dimension. Angesichts der existentiell ausweglosen Situation Bonhoeffers in den kaum erträglichen, ‚widerlichen‘ Gefängniskellern der Gestapo tragen diese Worte in seinem, diese Verse begleitenden Brief eine volle Zuversicht: ‚erwarten wir getrost, was kommen mag‘ – Erfüllung, Erwartung am Ende, sterben oder weiter leben können. Das Schicksal ist in Gottes Hand gelegt. Der Name Gott erscheint nur einmal in dem Gedicht. ‚Gott ist bei uns am Abend und am Morgen‘; wenn wir die Augen schließen zum Schlafen und wenn wir das Licht des Tages erblicken. ‚Gott ist bei uns‘, eine ganz wichtige Aussage. Denn Bonhoeffer, der Realist und historisch Gebildete kannte den Slogan: ‚Gott mit uns‘. Dies stand auf den Koppelschlössern der deutschen und französischen Soldaten, noch im Ersten Weltkrieg; Gott ist mit uns im Krieg, zum Sieg über die anderen Krieger-Nationen; Gott als überhöhte Legitimierung des Krieges, der Vernichtung und Zerstörung sowie des Todes für das Vaterland: Klassische religiös ‚sakrifizierte‘ Politik der Menschen. Jedoch: ‚Gott ist bei uns‘ in allen Lebenslagen, wenn sie glücken oder missglücken; bei Ohnmacht und bei Leiden; er ist ‚bei uns‘, von Ferne und von Nahe, auf jeden Fall, ohne dass man es bestimmen könnte, wie: Gott ergeben. Es ist eine Ver-Dichtung der theologischen Einsichten und der existentiellen Erfahrungen im Leben Bonhoeffers. Höhe und Ahnen in Leben: ‚Gott ist bei uns am Abend und am Morgen‘. Er ist bei mir und Dir am Tage eines Festes und aller Begegnungen; er ist bei allen am Abend nach den Mühen des Tages, am Morgen, wenn der Alltag wieder kommt mit all seinem Geschehen, mit alter Routine oder unbändiger Freude, das Leben zu gestalten, mit neuen Impulsen ‚und ganz gewiss an jedem neuen Tag‘ – an dem Tag, der auf den heutigen folgt, an dem Tag, der auf den letzten Tag im Leben folgt. Mit seiner Hoffnung weist Bonhoeffer über sich hinaus. Dies mögen die überlieferten Worte an Bischof George Bell deuten, die von Dietrich Bonhoeffer am letzten Morgen seines Lebens, am 9. April 1945, gesprochen wurden; sie nehmen seine Welt auf: ‚Das ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens.‘‘‘
Fragen zum Nachdenken:
- Wie findest Du den Text von Dr. Detlef Bald?
- Welche Aussagen dieses Textes haben Dich angesprochen?
- Welche guten Mächte haben Dein Leben getragen bzw. tragen Dein Leben?
- Wann hast Du in Deinem Leben gespürt: Gott ist bei mir?
Lesen wir bis zum Rundbrief Feber 2025: Psalm 70; Matthäus-Evangelium, Kapitel 8, die Verse 23 – 27.
Liebe Grüße, Euer Obmann Uwe