Andacht 2025-09-21 Freude am Glauben
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Euch und Sie sehr herzlich zur Hausandacht für Sonntag, den 21. September 2025. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott uns Freude am Glauben schenkt und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: Ich lobe meinen Gott, Evangelisches Gesangbuch 272: Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Erzählen will ich von all seinen Wundern und singen seinem Namen. Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir! Halleluja! Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir! Halleluja!
Worte aus Psalm 73 nach der Lutherbibel 2017: Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil. Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott den Herrn, dass ich verkündige all dein Tun.
Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 9, die Verse 35 bis 38 und Kapitel 10, die Verse 1 und 5 bis 10 nach der Lutherbibel: Und Jesus zog umher in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen. Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren geängstet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben. Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende. Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen. Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht nicht in eine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel. Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus. Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Tasche für den Weg, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert. Amen.
Gedanken zur Lesung: Durch die Reformation ist auch deutlich geworden, dass sich Kirche immer wieder verändert, ja, wenn es unbedingt nötig ist, sich auch verändern muss. Deswegen haben die Reformatoren gesagt: „Ecclesia semper reformanda". Das ist lateinisch und heißt auf Deutsch: „Die Kirche muss immer wieder mal reformiert werden." Die Kirche verändert sich. Diesen Prozess spüren wir jetzt schon: weniger Mitglieder, weniger Geld, weniger Macht, weniger Mitarbeiter, Zusammenlegung von Pfarrgemeinden. Ist das der Anfang vom Ende? Oder ist das der Anfang von etwas Neuem? Der deutsche evangelische Theologe Fulbert Steffensky, der 1933 geboren wurde und in der Schweiz lebt, hat anlässlich seines 90. Geburtstags im Jahre 2023 in seinem Vortrag „Eine Reise durch meine religiösen Welten“ über die Zukunft der Kirche gesagt: „Wir sind auf dem Weg. Unsere Kirche war noch nie so schön, wie sie heute ist. Die Kirche ist kleiner geworden, ärmer, machtloser, und sie ist schöner geworden. Noch nie war ihre Aufmerksamkeit auf den Frieden und die gerechte Verteilung der Güter größer als heute. Sie hat ihr Ansehen bei den Angesehenen verloren, und sie ist frei geworden. Sie hat nur noch einen Herrn, dem sie dient. Man kann in dem Haus unseres Glaubens nur leben, wenn man sieht, wie schön es schon ist.“ In diesen Worten von Fulbert Steffensky stecken weder Klage noch Resignation, sondern eine mutige Umdeutung der Verluste, die die Kirche heute schon spürt. Weniger Macht, weniger Einfluss, weniger Geld, weniger Mitarbeiter. Dafür mehr Glaubwürdigkeit, mehr Nächstenliebe, mehr Freiheit, ja mehr Jesus Christus. Kirche muss niemandem mehr gefallen, sie muss nicht mehr ihre Macht und ihren Einfluss demonstrieren. Sie ist frei, sich um den Menschen zu kümmern, frei, ihrem Herrn zu dienen. Und genau das macht sie schöner. Jesus hat eine große Menschenmenge vor sich. Er sieht die Menschen an. Er sieht ihre Orientierungslosigkeit, ihre Müdigkeit und ihren kraftlosen Glauben. Im Bibeltext heißt es: „Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren geängstet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ Er sagt den Menschen nicht: „Kopf hoch! Wird schon wieder werden! Ich mache das schon. Ich löse eure Probleme.“ Nein, so handelt Jesus nicht. Er bezieht die Menschen in sein Handeln mit ein. Daher ist der erste Schritt, den Jesus unternimmt: Er ruft zum Beten auf. Jesus sagt: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Also an erster Stelle soll das Gebet um Mitarbeiter in der Kirche stehen. Damals im ersten Jahrhundert war die Kirche auch klein und viel Arbeit war nötig, damit Kirche eine wichtige Säule der damaligen Gesellschaft werden konnte. Heute ist die Kirche am Schrumpfen. Aber Arbeit gibt es trotzdem genug. Seelsorge und Gottesdienste, Taufe, Trauungen, Trauerfeiern sind weiterhin gefragt. Deswegen ruft Jesus uns auf: Betet, dass Gott neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Kirche der Zukunft beruft. Jesus beruft seine Jünger und sendet sie in die Welt hinaus, um von Gottes Liebe zu predigen und kranke Menschen zu heilen. Sie sind nicht perfekte Männer, aber gläubig, Männer mit Lebenserfahrung und einem erlernten Beruf. In der evangelischen Kirche der Schweiz wird der sogenannte „Plan P“ diskutiert, über den durchaus auch in Österreich und woanders diskutiert werden könnte. Da viele Pfarrer in Pension gehen und die Zahl der Theologiestudenten klein bleibt, werden in den nächsten Jahren viele Pfarrstellen in der Schweiz unbesetzt bleiben. Daher entstand in der Schweiz der Notfallplan „P“. P steht für Pfarrstelle. Dieser Plan sieht vor, dass geeignete Akademiker ab 55 Jahren eine Kurzausbildung absolvieren und anschließend eine Pfarrstelle übernehmen können. Dieser „Plan P“ hat große und kontroverse Diskussionen ausgelöst. Vor allem von Pfarrern wird angemerkt, dass ihre Ausbildung und Arbeit nicht mehr genug wertgeschätzt wird, denn ihre Ausbildung dauert mit Universitätsstudium und Lehrvikariat 8 bis 10 Jahre. Für mich ist es fragwürdig, warum es ausgerechnet Akademiker sein sollen, als ob Nicht-Akademiker nicht geeignet wären für eine Gemeindeleitung. Und warum müssen sie mindestens 55 Jahre alt sein? Tatsächlich haben sich Akademiker mit Lebenserfahrung und guter Ausbildung gemeldet und würden vakante Pfarrstellen übernehmen. Anscheinend gibt dieser Plan P Gott die Möglichkeit, Menschen in seinen Dienst zu rufen, wie Jesus es tat! In unserer evangelischen Diözese Kärnten-Osttirol sind gegenwärtig 10 Pfarrstellen unbesetzt, darunter auch Stadtgemeinden. Das ist eine große Herausforderung für unsere Diözese und Pfarrgemeinden. Viele meinen, dass Kirche in der Krise sei. Das Wort Krise ist negativ behaftet und signalisiert, dass etwas schiefläuft, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist und keine Harmonie mehr vorhanden ist. Ich meine, dass Kirche nicht in der Krise steckt, sondern dass Kirche im Umbruch ist und dass dieser Umbruch Herausforderungen mit sich bringt und auch gute Neuanfänge und viel Positives in sich hat. Oder mit den Worten Fulbert Steffenskys sind wir auf dem Weg. Es ist nicht alles perfekt in der Kirche. Das war es nie. Das wird es auch nie sein. Aber wenigstens sind wir auf dem Weg. Es gibt weniger Mitglieder, weniger Mitarbeitende, weniger Geld, weniger Einfluss - das ist wahr. Aber vielleicht ist gerade das die Möglichkeit, dass Kirche zu ihrer eigentlichen Gestalt zurückfindet, zu einer Kirche, die frei ist, die nicht mehr den Mächtigen und Menschen gefallen muss und niemandem etwas beweisen muss, die nur noch einen Herrn hat, dem sie dient und gefallen will. Jesus ermutigt uns: „Geht und verkündet die Liebe und den Frieden Gottes! Hört den Menschen zu! Fürchtet euch nicht und habt Vertrauen zu Gott!“ Wenn die Kirche kleiner und ärmer wird, wird sie dadurch nicht automatisch bedeutungslos, sondern hat weiterhin den lebendigen Gott hinter sich. Wenn sogenannte Laien predigen, kann Gottes Geist neue Wege gehen. Unsere Evangelische Kirche in Österreich hat viele gute und kompetente Lektorinnen und Lektoren. Darauf können wir stolz sein. Nur mit diesen können wir die zahlreichen Gottesdienste in unseren vakanten Pfarrstellen anbieten. Die christliche Kirche gibt es nun seit gut 2000 Jahren und sie hat viele Stürme und Anfeindungen überstanden, wie zum Beispiel den Nationalsozialismus, den Kommunismus und den islamischen Terror. Sie wird auch dem gegenwärtigen aggressiven Atheismus standhalten und abwehren, der vor allem durch den britischen Naturwissenschaftler Richard Dawkins, durch den deutschen Schriftsteller Michael Schmidt-Salomon und der österreichischen Philosophin Lisz Hirn vertreten wird. Ja, unsere Kirche ist schön. Sie ist schön, weil sie jetzt schon und in Zukunft nicht mehr groß sein muss. Sie wird dadurch frei, sich auf das Wesentliche zu besinnen und zu konzentrieren, nämlich auf die Menschen, auf das Evangelium und natürlich auf Jesus Christus, der das Haupt der Kirche war, ist und bleibt. Amen.
Lied: Meine Hoffnung und meine Freude, Evangelisches Gesangbuch 641: Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht: Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht, auf die vertrau ich und fürcht mich nicht.
Fürbitten: Guter Gott! Du hast uns unser Leben gegeben und anvertraut. Du schenkst uns Raum und Zeit, unser Leben zu gestalten. Wir dürfen prüfen, entscheiden und handeln. Was uns Halt gibt, ist nicht immer unsere Vernunft und unser Verstand, sondern vor allem Du mit Deiner Kraft durch den Heiligen Geist. Hilf uns abzuwägen, was gut ist und was uns zum Leben, zur Liebe und zum Frieden dient. Du schenkst uns Neuanfänge im Leben und im Glauben, die uns zum Besten dienen, auch wenn wir das manchmal nicht so empfinden. Lass uns nicht nur Hörer, sondern auch Täter Deines Wortes sein. Gib uns Kraft und Mut, dass wir mit unseren Taten und Worten unseren christlichen Glauben bekennen, Dich als wahren König bezeugen und unseren christlichen Kirchen die Treue halten! Wir bitten Dich für die, die sich um andere Menschen kümmern: in Kirchen und politischen Gemeinden, in Krankenhäusern und Ordinationen, in Seniorenheimen und Hilfswerken, bei den Rettungen und Feuerwehren, bei der Polizei und beim Bundesheer, beim Tourismus, in Schulen und woanders. Wir bitten Dich für die Menschen, deren Leben durcheinandergeraten ist: die unter einer schlimmen Krankheit leiden; die ihre Arbeit verloren haben; die wegen Krieg und Naturzerstörung ihre Heimat verlassen müssen; die wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion und ihres Geschlechtes diskriminiert werden; die durch Tod oder Trennung einen lieben Menschen verloren haben. Wir bitten Dich für die Politiker in aller Welt, dass sie sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen und für unsere Bundesregierung, dass sie unser Land aufrichtig und gut leitet. Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand des Gottes, der uns Freude am Glauben schenkt! Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist! Amen.
Herzliche Grüße, Ihr und Euer Pfarrer und Obmann, Uwe