Andacht 2022-04-03 Konkurrenzdenken
Obmann Uwe Träger
Begrüßung: Ich grüße Sie und Euch sehr herzlich zur Hausandacht für Sonntag, den 27. März 2022! Wir lesen diese im Namen des Gottes, der uns ermutigt, füreinander mit Liebe und Wertschätzung da zu sein und daher im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: „Komm in unsre stolze Welt“, Evangelisches Gesangbuch 428, die Strophen 1 - 3
Strophe 1: Komm in unsre stolze Welt, Herr, mit deiner Liebe Werben. Überwinde Macht und Geld, lass die Völker nicht verderben. Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.
Strophe 2: Komm in unser reiches Land, der du Arme liebst und Schwache, dass von Geiz und Unverstand unser Menschenherz erwache. Schaff aus unserm Überfluss Rettung dem, der hungern muss.
Strophe 3: Komm in unsre laute Stadt, Herr, mit deines Schweigens Mitte, dass, wer keinen Mut mehr hat, sich von dir die Kraft erbitte für den Weg durch Lärm und Streit hin zu deiner Ewigkeit.
Lesung: Evangelium nach Markus, Kapitel 10, die Verse 35 – 45 nach der Basis Bibel: Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, traten zu Jesus und sagten zu ihm: Lehrer, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Jesus fragte sie: Was möchtet ihr denn? Was soll ich für euch tun? Sie antworteten: Lass uns neben dir sitzen, wenn du in deiner Herrlichkeit regieren wirst – einen rechts von dir, den anderen links. Aber Jesus sagte zu ihnen: Ihr wisst nicht, um was ihr da bittet! Könnt ihr den Becher austrinken, den ich austrinke? Oder könnt ihr die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? Sie erwiderten: Das können wir! Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet tatsächlich den Becher austrinken, den ich austrinke. Und ihr werdet die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde. Aber ich habe nicht zu entscheiden, wer rechts und links von mir sitzt. Dort werden die sitzen, die Gott dafür bestimmt hat. Die anderen zehn hörten das Gespräch mit an und ärgerten sich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus auch sie herbei und sagte zu ihnen: Ihr wisst: Diejenigen, die als Herrscher der Völker gelten, unterdrücken die Menschen, über die sie herrschen. Und ihre Machthaber missbrauchen ihre Macht. Aber bei euch ist das nicht so: Sondern wer von euch groß sein will, soll den anderen dienen. Und wer von euch der Erste sein will, soll der Diener von allen sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen. Im Gegenteil: Er ist gekommen, um anderen zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele Menschen. Amen.
Gedanken zur Lesung: Die Jünger Jesu streiten darum, wer im Reich Gottes am nächsten bei Jesus sitzen darf. Jesus beobachtet im Streit der Jünger Konkurrenz.
Zum Menschsein gehört auch die Konkurrenz. Kinder messen sich mit anderen Kindern, wer schneller rennen, besser schreiben und rechnen kann. Im Beruf geht der Konkurrenzkampf weiter. Wer bekommt die Stelle? Wer verdient mehr? Wer steigt am schnellsten die Karriereleiter aufwärts? Weiter geht es im Sport. Wer bekommt einen Stammplatz in der Fußballmannschaft? Wer darf mitfahren zur Olympiade? Konkurrenz ist Ansporn für neue und auch gute Entwicklungen in Sport, Kunst, Musik, Technik und Wissenschaft. Konkurrenzkämpfe können aber auch Streitereien wie bei den Jüngern Jesu auslösen oder sogar zum Tod führen, wenn man dem anderen keinen Erfolg gönnt. Die Brüder Kain und Abel wollen mit ihren Opfern Gottes Gunst gewinnen. Gott schaut mehr auf das von Abel. Kain wird neidisch und erschlägt seinen Bruder. Konkurrenz entsteht auch bei zwei anderen Brüdern – Jakobus und Johannes.
Sie gehören zum engsten Jüngerkreis. Sie werden auch als die „Donnersöhne“ bezeichnet, weil sie gerne mal forsch und vorlaut auftreten. Beide möchten Jesus ganz nahe sein, näher als alle anderen. Auch Jesus hat die beiden gerne um sich. Es ist der Abend, kurz nachdem Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl gefeiert hat. Jesus spürt, dass das Unheil nun seinen Lauf nimmt. Als er im Garten Gethsemane seiner nahen Verhaftung entgegengeht, sind neben Petrus auch Jakobus und Johannes mit dabei. Sie sollen Jesus beistehen, ermutigen und trösten. Doch die Kraft der Jünger reicht nicht. Sie halten die Wucht des anbrechenden Unheils nicht aus, schlafen ein und lassen den verzweifelten Jesus im Stich. Jesus kommentiert ihr Verhalten: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ So geht es ja auch uns oft im Leben, dass wir schon wollen, aber dann doch zu schwach für das sind, was wir uns vornehmen oder was andere von uns erwarten. Bei der Schwäche der Jünger geht es um das Versagen gegenüber Jesus. Es geht um ihren Meister und Herrn, der sie einst zu Jüngern berufen hat. Die Szene im Garten Gethsemane ist die Kontrastszene zum Wettstreit der beiden Brüder Jakobus und Johannes. Ihre Frage bekommt von dort her seine Brisanz: „Gib uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.“ Und auch Jesu Antwort wird erst verständlich, wenn wir seine Worte im Garten Gethsemane danebenstellen. Jesus betet: „Mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir.“ Als Johannes und Jakobus um den Ehrenplatz buhlen und streiten, fragt Jesus: „Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke?“ Jesus stellt die Frage, ob die beiden wirklich für den Glauben an Gott leiden und sterben würden. Selbstbewusst antworten sie mit großen Worten. „Ja, das können wir. Wir sind bereit, deine Worte und Taten zu bezeugen und auch für Dich in den Tod zu gehen.“ Jakobus wurde tatsächlich ca. 40 nach Christus mit dem Schwert hingerichtet. Eine christliche Legende schildert, dass sein Leichnam auf ein Schiff ohne Besatzung gelegt wurde, das in Nordwesten Spaniens landete. Sein Leichnam wurde dann im Landesinneren beigesetzt. Über seinem Grab steht heute eine Kathedrale, die zum Pilgerort Santiago de Compostela gehört und die Endstation des berühmten Jakobsweges ist. Johannes lebte länger. Der Apostel Paulus muss ihn gekannt haben, denn er nannte Johannes neben Petrus und Jakobus als eine der drei Säulen der christlichen Gemeinde. Auch heute riskieren Christinnen und Christen in aller Welt ihr Leben für den Glauben und für Jesus oder nehmen Diskriminierungen in Kauf. Auch Christinnen und Christen in Russland, die die russisch-orthodoxe Kirche und Putin kritisieren und verurteilen, müssen mit Verhaftungen und harten Strafen rechnen. Über dem Eingangsportal von Westminster Abbey, einer großen Kirche in London, sind zehn Skulpturen von Menschen des 20. Jahrhunderts zu sehen, die für den christlichen Glauben gestorben sind. Zum Beispiel der katholische Pater Maximilian Kolbe, der im Konzentrationslager Auschwitz freiwillig an Stelle eines Familienvaters in den Hungerbunker ging, oder der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der sich dem politischen Widerstand gegen Hitler anschloss und kurz vor Kriegsende ermordet wurde. Im März sah ich im ZDF den berührenden Film „Honecker und der Pastor“. Nach dem Zusammenbruch der ehemaligen DDR waren der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker und seine Ehefrau Margit obdachlos. Der evangelische Pfarrer Uwe Holmer, der mit seiner Familie unter Honecker diskriminiert wurde, nahm die Honeckers auf und lebte mit ihnen 10 Wochen in seinem Pfarrhaus. Überzeugte Christen halfen überzeugte Atheisten. Pfarrer Holmer bekam große Probleme mit der Bevölkerung und seiner evangelischen Kirche. Würden wir Putin aufnehmen, wenn dieser – hoffentlich bald – in die Wüste geschickt werden würde? Wie würden wir die Frage Jesu beantworten: „Könnt Ihr den Kelch austrinken, den ich trinken werde?“ Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil wir in unserer Demokratie keine Angst zu haben brauchen, wegen unseres Glaubens verhaftet und getötet zu werden. Aber wir sollten die bekannten und auch die unbekannten Christinnen und Christen in aller Welt nicht vergessen, die wegen ihres christlichen Glaubens ihr Leben ließen. Und wir sollten wachsam sein und das beim Namen nennen, was mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar ist, wie zum Beispiel krieg oder Naturzerstörungen. Eine solche Liste hätte sicherlich schnell viele Punkte. Für das christliche Leben gibt es noch ein anderes wichtiges Gebot, das Jesus seinen Jüngern und auch uns an Herz legt: „Diejenigen, die als Herrscher der Völker gelten, unterdrücken die Menschen, über die sie herrschen. Und ihre Machthaber missbrauchen ihre Macht. Aber bei euch ist das nicht so: Sondern wer von euch groß sein will, soll
den anderen dienen. Und wer von euch der Erste sein will, soll der Diener von allen sein.“ Im Johannesevangelium wird solcher Dienst am Nächsten in der Erzählung von der Fußwaschung Jesu verdeutlicht. Seinen überraschten Jüngern wäscht Jesus die Füße. Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, wird in Jesus ein sterblicher Mensch. Aus Liebe ist er für den Menschen da und geht sogar in das Leiden und in den Tod. Dadurch will Jesus uns wegführen von einem Prinzip, das unser Leben und unsere Gesellschaft unbarmherzig prägt und viel Unrecht hervorgerufen hat. Es ist das Prinzip von Siegern und Verlierern, von Herrschenden und Beherrschten, von Profit und Gewinn. So soll es nicht sein, weil viele Menschen oft auf der Strecke bleiben und unter die Räder kommen und weil wir spüren, dass es andere bessere Werte gibt, die unserem Leben Halt und Sinn geben. Eine Kultur des liebenden und wertschätzenden Dienstes für andere ohne Spekulation auf persönlichen Gewinn – das ist es, was Jesus uns anbietet und was er uns vorlebt! Als fehlbare und sündige Christinnen und Christen sind wir oft weit entfernt davon, gute Vorbilder für den christlichen Glauben zu sein. Daher müssen wir uns immer wieder von Jesus ermutigen lassen, mit der Nachfolge ernst zu machen, durch die uns kein Lohn versprochen, aber ein großer Gewinn verheißen wird, nämlich eine gerechtere Welt, in der Jesu Kultur des liebenden und wertschätzenden Dienstes spürbar und letztendlich die Welt zum Guten durchdringen wird. Amen.
Lied: „Komm in unsre stolze Welt“, Evangelisches Gesangbuch 428, die Strophen 4 und 5
Strophe 4: Komm in unser festes Haus, der du nackt und ungeborgen. Mach ein leichtes Zelt daraus, das uns deckt kaum bis zum Morgen; denn wer sicher wohnt, vergisst, dass er auf dem Weg noch ist.
Strophe 5: Komm in unser dunkles Herz, Herr, mit deines Lichtes Fülle; dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz deine Wahrheit uns verhülle, die auch noch in tiefer Nacht Menschenleben herrlich macht.
Fürbitten: Gott des Himmels und der Erde! Wir danken Dir, dass wir uns auf Dich verlassen und Dir vertrauen können. Du schenkst uns Neuanfänge im Leben und im Glauben, die uns zum Besten dienen, auch wenn wir das manchmal nicht so empfinden. Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die für ihr eigenes Leben oder das Leben anderer nur noch schwarzsehen, weil sie eine Krankheit plagt; weil sie keine Kraft mehr in sich finden; weil der Tod eines lieben Menschen ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen hat; weil sie wegen Krieg auf der Flucht sind. Schenke ihnen Hoffnung und Zuversicht und lass sie spüren, dass sie nicht alleine sind! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für die Kinder und Jugendlichen dieser Welt, dass sie fröhliche und mutige Menschen werden, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und ein offenes Herz für ihre Mitmenschen haben. Im Vertrauen auf Dich bitten wir um Dein Licht für alle, deren Leben nach Liebe und Vertrauen dürstet, weil sich niemand für sie interessiert. Hilf, dass sie Orte der Geborgenheit finden und ihr eigenes Herz spüren! Im Vertrauen auf Dich bitten wir darum, dass die Politiker dieser Welt zum Frieden trachten und dass wir alle Boten Deiner Liebe, Deines Friedens und Deiner Gerechtigkeit werden! Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand des Gottes, der uns ermutigt, füreinander mit Liebe und Wertschätzung da zu sein. Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Seid von Gott behütet!
Obmann Uwe